Festgeldanlage | Festgeldzinsen im Vergleich |


von: admin | Kategorie(n): Allgemein

2. Mai 2016

Liebe Sparer lasst Euch sagen: wer keine Zinsen erwirtschaftet, ist auch ein bisschen selbst Schuld.
Das sagte der große Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), kürzlich in einem Interview. Und, liebe Sparer, wischt Euch die Tränen aus den Augen, er zeigte sogar Verständnis für die bestehenden Sorgen. Was er aber dann auch noch sagte: Nicht nur in Deutschland müssen die Sparer mit niedrigen Zinsen leben. Die Sparer hätten es schließlich selbst in der Hand, wie hoch ihre Erträge ausfielen. Sie müssen doch ihr Geld nicht nur auf dem Sparbuch anlegen, denn es gibt ja schließlich auch andere Möglichkeiten.

Und der oberste Währungshüter in Europa belehrt den Sparer mit noch weiteren Weisheiten. So sei der reale Zins (gemeint ist der Zins minus der aktuellen Inflationsrate) gar nicht so niedrig wie die Sparer das empfinden. Derzeit, so der weise Mann, sei der reale Zins höher als im Durchschnitt der 90er Jahre. Zwar seien die Zinserträge höher gewesen, aber andererseits auch die Inflation, die somit alles auffraß. Und so die Wahrheit nach Draghi: Die realen Erträge waren geringer gewesen als derzeit.
Also liebe Sparer, denkt doch mal darüber nach. Es ist doch alles gar nicht so schlimm.

Da hört sich die Wahrheit von Wolfgang Schäuble, dem Finanzminister der Bundesrepublik Deutschland, doch realistischer an, wenn er vor kurzer Zeit zum Besten gab: Drei Prozent Zinsen bei drei Prozent Inflation ist nicht dasselbe wie null Prozent Zins bei null Prozent Inflation. Es ist selten genug, aber wo er Recht hat, hat er Recht.

Der Leitzins der EZB liegt seit März bei null Prozent. Diese und weitere Maßnahmen sollen dazu dienen, Schwung in die Wirtschaft zu bringen, Kredite zu vergeben und die Inflation anfachen. Zu den weiteren Maßnahmen gehören u. a.: Mehr Anleihekäufe pro Monat durch die EZB, höhere Strafzinsen für die Banken sowie Prämien für solche Kreditinstitute, die mehr Kredite vergeben.

Das Ziel der EZB besteht mittelfristig u. a. darin, die Inflation auf etwa zwei Prozent zu steigern. Fazit ist jedoch, dass sie dieses Ziel seit drei Jahren anstrebt, jedoch kontinuierlich verfehlt. Und das, obwohl sie mit geradezu radikalen Mitteln vorgeht.

Was andere davon halten:
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW), Berlin:
„Die EZB sendet mit ihrer Entscheidung ein starkes Signal, dass sie alle ihre Instrumente entschieden nutzen wird, um ihrem Mandat der Preisstabilität wieder gerecht zu werden. (…) Das anhaltende Risiko der Deflation und die sich abschwächende europäische Wirtschaft lassen der EZB keine andere Wahl, als ihre Geldpolitik weiter zu lockern.“

Ulrich Wortberg, Analyst der Landesbank Hessen-Thüringen:
„Sollte es der EZB mit diesen Maßnahmen endlich gelingen, die konsolidierte Bilanzsumme der Banken und Zentralbanken in der Eurozone zu erhöhen, würde sich dies vermutlich in steigenden Geldmengenzahlen niederschlagen und in der Folge positive Wirkung auf Wachstum und Inflation entfalten.“

Lars Feld, Wirtschaftsweiser:
Wir sehen, dass Länder wie Italien trotz des Zinstiefs keine Reformen durchführen und Ausgaben eher noch erhöhen. Daran werden auch die neuen Maßnahmen nichts ändern“

Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands:
„Nirgendwo in Europa wird damit Wachstum angeregt. (…) Es werden Millionen von Sparern in ganz Europa um ihre Altersvorsorgekonzepte gebracht.“

Liane Buchholz, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB):
„Die EZB beschleunigt ihre geldpolitische Irrfahrt. Die heutige Zinsentscheidung der EZB verstärkt den Abwärtsstrudel für die Sparer. Langfristige Altersvorsorgekonzepte werden ebenso entwertet wie zinsabhängige Institute in risikoreichere Geschäfte gedrängt werden. Es ist absolut unnötig, die deutsche Kreditwirtschaft zu einer umfangreicheren Kreditvergabe zu nötigen.“

Hans-Werner Sinn, Ifo-Präsident:
„Die EZB verleiht jetzt Geld zu einem negativen Zins von bis zu 0,4 Prozent an die Banken. Das ist verbotene Subventionspolitik zu Stützung von Zombie-Banken und konkursgefährdeten Staaten.“
Quelle: Handelsblatt 02.05.2016 (Keine Zinsen? Draghi rät Sparern zu mehr Risiko)

Nun, lieber Sparer, so einfach ist das alles. Und was lernen wir daraus? Manche „Experten“ haben keine Ahnung? Nur manche „Experten“ liegen richtig? Oder: Die Experten sind sich uneinig.

Sicher ist eines: Die fragliche Niedrigzinspolitik der EZB steht seit längerer Zeit unter massiver Kritik Aus den Reihen von Unionspolitikern lehnen sich einige aus dem Fenster. Mit ihren Stimmen fordern sie die Bundesregierung auf, gegen die EZB-Politik zu intervenieren.

Draghi jedoch pocht auf die Unabhängigkeit seiner Behörde gegenüber der Politik und meint, die EZB müsse den Gesetzen gehorchen, nicht der Politikern. Das klingt doch selbstherrlich und machtbesessen, oder?

Aus den Reihen deutscher Politiker kommt vereinzelt schärfere Kritik. Dazu gehört die Aussage, dass Draghi die Niedrigzinspolitik nur betreibe, um den überschuldeten südeuropäischen Staaten entgegen zu kommen. Ist es vielleicht ein Ausdruck dafür, dass es sich hier um einen Ausgleich für die niedrigere Arbeitsproduktivität in diesen Ländern handelt? Dann allerdings ist zu befürchten, dass die Niedrigzinsphase zu einem Dauerzustand wird. Zumindest so lange, wie ein Herr Draghi das Sagen hat. Die tiefere Ursache der Krise besteht offenbar in der ungleichen Struktur der verschiedenen Volkswirtschaften der Euro-Zone. Dieses elementare Phänomen aber wurde bei der Euro-Einführung fehlerhafterweise übergangen. Es ist nun ans Tageslicht gekommen wie eine Leiche, die jahrelang im Wasser gelegen hat.

Heißt das Lösungswort „Reformen“? Die können nur mithilfe der Politik erreicht werden. Aber die sind unbeliebt, weil sie primär die Arbeitnehmer und Verbraucher treffen. So sind derlei Appelle der EZB an die Politik weitgehend verhallt. Und welche Partei will sich schon bei ihren Wählern unbeliebt machen? Und besonders dann nicht, wenn man sich den Zeiten von Wahlen nähert. Und im Übrigen: Wenn die Maßnahmen der EZB nicht fruchten und sich die Probleme verschärfen, kann die Politik noch immer mit dem Finger auf die Schlimmen zeigen. Wer wäre das in diesem Fall? Die Sparer wissen es.

Draghis Halbwahrheit
Der Verband der privaten Bausparkassen hat nachgehakt. Er bemühte das Ifo-Institut München.
Ziel: Analyse der Sparrenditen.
Ergebnis: „Für kurzfristig kündbare Anlagen wie das Sparbuch ist die Aussage der EZB richtig, für längerfristige Anlagen stimmt es nicht“. So die Aussage von Verbandspräsident Andreas Zehnder.
Als Beispiel verweist er auf einen Sparbrief mit vierjähriger Laufzeit. Dieser brachte zwischen 1970 und 1979 eine reale Rendite von 2,2 Prozent ein. Zwischen 1980 und 1989 lag diese bei 3,8 Prozent, in den 90er-Jahren bei real 3,4 Prozent und zwischen 2000 und 2010 bei 1,7 Prozent, zwischen 2010 bis 2015 sank sie auf 0,5 Prozent.
Mit Blick auf das kurzfristig kündbare Sparbuch habe Draghi aber recht. Hier habe es nur in der 80er-Jahren reale Renditen von 0,4 Prozent gegeben. Ansonsten mussten die Sparer Verluste hinnehmen.
Quelle: Handelsblatt vom 02.05.2016 (Bausparkassen sehen schleichende Enteignung)

Gerade in Deutschland ist das System des Sparens eine solches, das historisch gewachsen ist und eng verbunden mit einem Vermögensaufbau sowie der Altersvorsorge. Besonders unter diesem Blickwinkel bleibt als Fazit festzustellen: Die Geldpolitik der EZB bedeutet eine schleichende Vermögensvernichtung. Sie untergräbt das, was über viele Jahrzehnte und Generationen in Deutschland gewachsen ist, zu den Traditionen gehört. Und wenn, wie Eingangs ausgeführt, Herr Draghi die Sparer auf andere, gewinnträchtigere Anlageformen verweist, so ist das ein Hohn. Denn auch hier spricht er wiederum nur die halbe Wahrheit aus. Das ist der fehlende Hinweis auf das Kriterium Verlust. Gerade das als verlustfreie Geldanlageform bekannte und bewusst gewählte Sparen kommt nicht von ungefähr. Und einem „Experten“ wie Draghi in Sachen Geld sollte doch das Prinzip klar sein, was da lautet: höhere Rendite, höheres Risiko. Das schließt Verluste mit ein. Und gerade die wollen Sparer vermeiden.

Bildquellenangabe: © S.G.S. / pixelio.de