Bald Negativzinsen für private Anleger?
Keine Frage, die Angst geht um, denn bereits zwei Drittel aller Sparer rechnen damit in absehbarer Zeit für ihre Ersparniss einen Negativzins entrichten zu müssen. Diese unerfreuliche Vorhersage wurde vom Verband der Raiffeisen- und Volksbanken per Umfrage ermittelt und auch veröffentlicht. Welche Negativzinssätze anfallen könnten darüber wird allerdings noch gerätselt. Im Gespräch sind verschiedene Negativzinssätze, wobei die älteren Sparer noch skeptischer sind, als etwas jüngere Sparer. Ganz skeptisch sind Sparer in der Altersgruppe zwischen 50 bis 59 Jahren. Die Vorstellung für Geldeinlagen auf ein Bankkonto gar noch bezahlen zu müssen stösst auf wenig Verständnis, viele Leute fragen sich zu Recht was das bedeuten soll und wie es überhaupt so weit kommen konnte.
Negativzinsen von der Raiffeisenbank gefordert
Auf wenig Verständnis ist die Raiffeisenbank gestossen, also eine Bank aus dem Bankenverbund die diese Umfrage in Auftrag gegeben hat, mit ihrer Ankündigung die Zinspolitik an die heutigen Gegebenheiten anzupassen. Von sich reden machte die Raiffeisenbank Gmunden am wunderschönen Tegernsee. Hier haben sich bekanntlich überdurchschnittlich viele wohlhabende Leute ihren ständigen Wohnsitz ausgesucht. Zum Eklat kam es, als die Raiffeisenbank im Juni 139 ihrer Privatkunden mit mehr als 100000 Euro kurzfristig angelegten Geldern gebeten hat, diese Gelder umzuschichten da der Zins von 0.4% nicht mehr bezahlt werden könne. Dieser Entscheid wurde damit begründet, dass auch die Raiffeisenbank für überschüssige Gelder die auf der ZB deponiert werden, den Negativzins von 0.4% bezahlen müsse und dies bereits seit März dieses Jahres. Dass die vorgeschlagenen Umschichtungsmöglichkeiten nicht nur für den Anleger sondern auch der Bank mehr Profit bringt versteht sich eigentlich von selber.
Selbstverständlich hat diese Vorgehensweise der Raiffeisenbank Gmunden viele Spekulationen ausgelöst, die ja nüchtern betrachtet nicht so abwegig sind. Allgemein wird nun gerätselt, ob andere Banken diesem Beispiel folgen werden und wenn ja, wann. Schon länger sind Gerüchte im Umlauf der Negativzins sei real, eine Privatbank aus Frankfurt schürte dieses Gerücht, dass gleich mehrere Genossenschaftsbanken in Bayern einen solchen Schritt ins Auge fassen. Dementiert wird dieses Gerücht wiederum vom Genossenschaftsverband Bayern, bei der Tegernsee-Bank würde es sich um eine einmalige Ausnahme handeln, er habe aber Verständnis für deren Schritt. Man bemüht sich auch zum Ausdruck zu bringen, dass keine gesicherten Erkenntnisse bestehen, dass andere Banken folgen würden. Pikant ist jedoch, welche Klientel angeschrieben wurde und wieso dies erst jetzt öffentlich wurde, obwohl die Schreiben bereits im Juni versendet wurden. Man könnte es so interpretieren, dass hier einfach mal ein Pilotprojekt gestartet wurde um zu sehen wie heftig die Reaktion der Bankkunden sind, ohne das ganze gleich einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu geben.
Zum Ausgleich höhere Gebühren einfordern
Zum Kernproblem gehört ganz einfach dargestellt, dass die Banken zu viele Spargelder haben, die nicht gewinnbringend und vernünftig angelegt werden können, weil die Kunden dieses Geld ebenfalls nicht langfristig bei der Bank anlegen. Es bleibt den Banken fast keine andere Wahl, als dieses überschüssige Geld an die EZB (Europäische Zentralbank) auszulagern, dafür muss die Bank jedoch 0.4% (Parkgebühren) = Negativzins entrichten. So ist es nachvollziehbar, dass eine Bank keine Zinsen mehr bezahlen kann, denn auch bei null % Zinsen verliert die Bank 0.4%, darauf will keine Bank selber sitzen bleiben und wird versuchen dies an die Kunden abzuwälzen. Grössere Banken die international operieren haben da eher noch Möglichkeiten mit dem Geld so zu jonglieren, dass Geld nicht bei der EZB gelagert werden muss.
Die grosse Masse an Kleinsparern wird vorerst noch verschont von solchen Negativ-Massnahmen, dass es sich um vergleichsweise kleine Beträge handelt und auch zur Verfügung stehen müssen wenn Kunden ihr Geld abheben möchten. Es herrscht in der deutschen Bankenlandschaft auch ein grosser Kampf um jeden Kunden, jedoch nicht als Bareinleger sondern weil man diesen Kunden natürlich auch andere Finanzprodukte wie Aktien und Fonds verkaufen möchte. Der Kunde als Bareinleger ist für eine Bank gelinde ausgedrückt doch eher uninteressant. So sind die Finanzinstitute nun mit kostenlosem Service und Zusatzleistungen wie kostenlose Kontoführung, zweite kostenlose Bankkarte und dergleichen sehr zurückhaltend geworden. Diese verschärften Praktiken sind aber bei allen Finanzinstituten von der Commerzbank bis hin zur Postbank zu beobachten. Die fehlenden Erträge müssen irgendwie kompensiert werden.
Gegen hohe Einlagen abschotten
Die Banken befinden sich doch in einem unübersehbaren Dilemma. Bei den Kleinanlegern funktioniert die Strategie mit höheren Gebühren wenigstens, eine Nullnummer zu erwirtschaften, doch bei Kunden die für kurze Zeit einen hohen Betrag einlegen möchten, wurde noch keine vernünftige Lösung gefunden, ab einem gewissen Betrag müssen Einleger einen Negativzins hinnehmen wenn sie ihr Geld auf ein Bankkonto legen möchten. Diese Lösung ist natürlich allseits mehr als unbefriedigend, die Bank muss damit rechnen bedeutende Kunden zu verärgern. Und der Kunde ist sicherlich darüber verärgert, dass er dafür bezahlen soll wenn er der Bank sein Geld zur Verfügung stellt. Der Ausdruck Strafzinsen kommt bei den Kunden natürlich nicht wirklich gut an, so haben sich verschiedene Finanzinstitute entschlossen dies in Guthabengebühren umzubenennen. Unter dem Strich ändert sich natürlich nichts, hört sich aber nicht ganz so brutal an.
Wie schaut es mit dem Negativzins im Ausland aus?
Es wäre mehr als verwunderlich wenn diese Praktiken nur in Deutschland zu finden wären, auch in der Schweiz müssen bei Grosseinlagen „Guthabengebühren“ bezahlt werden, angefangen von der CS bis hin zur Migrosbank. Auch Privatkunden werden von dieser Regelung nicht mehr ausgenommen, Bareinlagen werden beispielsweise von der Lombard Odier Privatbank ab 100000 Euro mit einer Guthabengebühr von 0.75% belegt, bei Einlagen unter diesem Betrag reduziert sich dies jedoch auf 0.125%. Eine andere Regelung hat die vergleichbare deutsche Bank, die GLS Bank ausgearbeitet. Hier wird pro Jahr und Kunde ein sogenannter GLS-Beitrag von 60.- Euro verrechnet, wobei Konten von Kindern und Jungsparern davon ausgenommen sind.